18. Die leidenden Verstorbenen bitten um Gebete. Es ist ihnen nützlich, wenn sie spüren, dass wir an sie denken und so fühlen sie sich weniger verlassen und weniger unglücklich. Das Gebet wirkt sogar direkter auf sie: Es hebt ihren Mut, ermutigt sie durch Reue die Verbesserung und die Wiedergutmachung anzustreben. Es vermag sie damit von schlechten Gedanken abzulenken. In diesem Sinne kann das Gebet nicht nur ihre Leiden erleichtern, sondern auch verkürzen. (siehe Buch „Der Himmel und die Hölle“, 2. Teil: Beispiele)
19. Viele Menschen lehnen die Fürbitte für die Verstorbenen ab. In ihrem Glauben gibt es für die Seele nur zwei Alternativen:
Entweder ist sie A. gerettet oder B. zur ewigen Qual verdammt. In dem einen wie in dem anderen Fall wäre das Gebet also für sie nutzlos. Ohne darüber diskutieren zu wollen, nehmen wir für einen Augenblick B. die Wirklichkeit der ewigen und unwiderruflichen Qual an, und dass unsere Fürbitten nutzlos sind, um deren Leiden ein Ende zu setzen. Wir fragen uns in dieser Annahme, ob es logisch, barmherzig und christlich ist, die Fürbitte für die Verurteilten abzulehnen?
Mögen diese Fürbitten nutzlos sein, die Verurteilten zu befreien. Sind sie aber nicht ein Zeichen des Mitleides, das ihre Leiden mildern könnte?
Wenn ein Mensch auf der Erde lebenslänglich verurteilt wird, ist es jemandem verboten, selbst wenn er keine Hoffnung auf Gnade hätte, aus Mitleid seine Ketten zu heben, um ihn von diesem Gewicht zu erleichtern? Wenn jemand unter einer unheilbaren Krankheit leidet, ohne Hoffnung auf Heilung, sollen wir ihn ohne Trost allein lassen?
Denkt daran, dass sich unter den Verurteilten ein liebender Mensch befinden kann, der ein Freund, vielleicht auch ein Vater, eine Mutter oder ein Kind ist. Könntet ihr, da für diesen nahen stehenden Menschen nach euerer Auffassung keine Gnade mehr zu erwarten ist, ihm ein Glas Wasser verweigern, um seinen Durst zu löschen?
Oder würdet ihr ihm eine Salbe verweigern, um seine Wunden zu heilen? Würdet ihr es für ihn nicht genauso tun, wie für einen Gefangenen? Werdet ihr keinerlei Beweis euerer Liebe oder eueres Trostes geben? Nein, das wäre nicht christlich. Das wäre ein Glaube, der das Herz verhärtet, der sich nicht mit dem Glauben eines Gottes vereinbaren lässt, Der die Nächstenliebe an die erste Stelle unter den Pflichten stellt. Wenn wir die ewigen Strafen ablehnen, bedeutet dies die Verneinung vorübergehender Prüfungen nicht. Gott in Seiner Gerechtigkeit würde das Gute und das Böse nicht verstellen. In diesem Fall, wenn die Wirkung des Gebetes verneint wird, wäre die Wirkung des Trostes, der Ermutigung und des guten Rates genauso zu verneinen. Es hieße die Kraft zu verneinen, die wir aus der moralischen Hilfe von denjenigen bekommen würden, die uns lieb haben.
Evangelium – Inhaltsverzeichnis | KAPITEL XXVII – Bittet, so wird euch gegeben |